Austauschpflicht gem. §72 GEG - Kontrolle?

Hallo,

zu Jahresbeginn war der Schornsteinfeger mal wieder da. Er hat den Zustand des gut 30 Jahre alten Gaskessels erneut für gut befunden. Dabei entgegen meiner Erwartung jedoch keine Bewertung der Heizung bzgl. ihres Alters und der damit erwarteten Austauschpflicht vorgenommen. Habt ihr da schon ähnliche Erfahrungen gemacht bzw. „schludern“ da einige Schornsteinfeger ggf. etwas, um sich nicht um ihre Einnahmequelle zu bringen?

Andreas

Der § 72 GEG ist meines Wissens ein „Altparagraph“ der bereits 2020 Gültigkeit hatte. Dieser Pragraph sagt nur, dass alle Gas.- und Öl-Heizkessel die älter als 30 Jahre sind (dies gilt nicht für Nieder- oder Brennwertkessel) nicht mehr betrieben werden dürfen.
Ausnahme Hybridheizungen von z.B. Wärmepumpen in Verbindung mit deinem alten Öl- oder Gaskessel, da gilt das Betriebsverbot nicht.
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass der Schrnsteinfeger kein Betriebsverbot aussprechen musste und damit hat er erst mal alles richtig gemacht.
Natürlich stellt sich für dich jetzt die Frage, wie lange Du bei den ansteigenden Gas- oder Ölkosten (Stichwort „CO2 Bepreisung“) warten willst, bis Du eine zukunftsfähige und klimafreundliche Lösung anstrebst aber da kann dir der Schornsteinfeger meines Erachtens erst mal nicht helfen.
VG
Hagez

Ja, stimmt. §72 gab es schon im GEG 2020. Genau genommen ist es demnach § 97 „Aufgaben des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers“. Was ich halt nicht verstehe ist, dass ein Schornsteinfeger bei der Begutachtung einer relativ neuen Etagenheizung aktiv prüft und in Rechnung stellt, ob die Vorgaben aus §72 eingehalten werden. Ein anderer Schornsteinfeger bei der Prüfung eines über 30 Jahren alten Gaskessel jedoch nicht mal die „GEG-Auswertung“ in der Rechnung erwähnt, obwohl es sich hier zumindest mit gewisser Wahrscheinlichkeit nicht um einen Niedertemperaturkessel handelt.

Hallo Andreas,
ich habe mir den § 97 GEG mal angeschaut und meines Erachtens sagen Absatz 3 und 4 das aus was er minimal machen muss. Ich denke, dass er dich als Eigentümer nur informieren muss, wenn Du gegen Pflichten und Verbote verstößt und eine angemessene Frist zu Abstellung einräumen muss.
Im Absatz 4 (Steuerungs- und Regelungstechnik) wird geregelt, dass er bei Defiziten NUR die nach Landesrecht zuständige Behörde zu unterrichten hat.
Tja und der Absatz 1, Ziffer 2 gilt nur für Heizungsanlagen, die neu eingebaut werden. Hierbei sind dann die Einhaltung etlicher weiterer Vorschriften des GEG zu prüfen.

Ich glaube aher, dass der Bezirksschornsteinfeger die Prüfpflichten erfüllt hat, wobei er keine Mängel dokumentieren oder melden musste. Der Rest ist meines Erachtens in Deinem Falle keine Pflicht.

Ich würde es auch mal von einer andeenSeite betrachten. Wenn es keine Pflicht zur GEG-Prüfung gibt und er es trotzdem macht und anschließend berechnet, dann würde ich als Kunde das auch nicht bezahlen wollen.

VG
HAGEZ

Danke für’s genaue Nachlesen und deine Einschätzung dazu.

Letztlich finde ich es vor allem interessant, dass auch eine eigentlich austauschpflichtige Heizung unter Umständen noch lange in Betrieb bleibt bzw. bleiben kann, weil es nach meiner Wahrnehmung nicht konsistent überprüft wird.

Ich will mich nun nicht beklagen, insgesamt gesehen wird es so aber eher nichts mit der Energiewende…

Hallo Andreas,
der Schornsteinfeger ist der einzige, der Deine Heizung zu sehen bekommt. Wenn die Heizung nicht mehr betrieben werden darf, dass müßte der Schornsteinfeger Dir das mitteilen. Ist das der Fall, dann würde es es früher oder später tun.

Schornsteinfeger putzen zwischenzeitlich aber nicht nur Kamine, sondern haben viele weitere Aufgaben. Deshalb bekommst Du u.U. andere Leute zu Gesicht, je nachdem für welchen Grund er gerade kommt.

Die Austauschpflicht trifft aber final nur einen recht kleinen Prozentsatz der Anlagen. I.d.H. nur Konstanttemperaturkessel zwischen 4 und 400 KW und auch nur dann, wenn das Haus (1-2 Fam) nach Inkrafttreten des Gesetztes erworben wurde.

Wenn bei Deinem Nachbarn noch so ein Möhrchen im Keller steht, dann liegt das vermutlich nicht daran, dass der Schornsteinfeger ein Auge zugedrückt hat, sondern dass er ggf. zu den vielen Ausnahmen gehört, z.B. er schon sein 2002 in dem Haus wohnt.

Dass Schornsteinfeger aber auch nicht immer alles wissen, das hat ein Nachbar von mir erfahren, dessen Holzofen der Schornsteinfeger still legen wollte. Mein Nachbar sitzt nur zufällig im Bundestag und hat das entsprechende Gesetz selbst mitgestaltet. Insofern hat er den Schornsteinfeger dann mal „aufgeklärt“.

Ich lasse mich da mittelfristig mal überraschen. Klar ist, dass etwa bei einer Gas-Luft-Zentralheizung auch kein Handlungsbedarf besteht, da es sich nicht um einen (wassergeführten) Kessel handelt.

Besagtes Modell ist hingegen ein Viessmann Konstanttemperatur-Kessel von Anfang der 90er in einem Mehrfamilienhaus. Die Vorlauftemperatur wird zwar (über einen Vierwegemischer mit Rücklaufanhebung) geändert, der Kessel selbst „bollert“ aber immer bei rund 70°C.

Rein von der Temperatur im Heizungskeller ist recht offensichtlich, dass der wenig effizient arbeitet. Aber offensichtlich sind hier Unwissenheit, ein mögliches Aussitzen neuer Regeln und / oder die Sorge vor künftigen Verdienstausfällen die stärkeren Motive…

Hallo Andreas,
also wir haben auch noch einen Viessmann Ölbrenner in Betrieb, aus dem Jahr 1983. Der ist aber Niedertemperatur, geht also nur mit Temperaturen ins System, die die Heizkurve vorgibt. Daher eben nicht betroffen.

Zu dieser Zeit gab es fürwahr aber auch noch Konstant Temperatur-Kessel.
Wenn allerdings die Vorlauftemperatur über einen nachgeschalteten Mischer geregelt wird, Du also nicht permanent 70 Grad ins System schickts, dann ist das im Prinzip sehr ähnlich. Möglicherweise ein Grenzfall.

Niedertemperatur-Kessel gehen allerdings auch mit niedrigeren Abgastemperaturen (um die 170-180 Grad) in den Kamin. Da Öl auch Schwefel enthält, entsteht dadurch Schwefelsäure. Der Kessel muss das vertragen und der Kamin muss meist verjüngt werden, damit die Abgase aus dem Kamin raus sind, bevor sich die Schwefelsäure an den Kaminwänden niederschlagen kann.

In den Messprotokollen des Schornsteinfegers steht die Abgastemperatur. Liegt die deutlich darüber, dann solltest Du Dich vorsichtshalber darauf vorbereiten. Die Abgastemperatur wie auch das Vorhandensein einer Steuerung sind so die Merkmale, die die Schornsteinfeger so auch dem Ticker haben sollten.

Ein anderer Ansatz ist die Kommunale Wärmeplanung. Die setzt zwar die Austauschpflicht nicht ausser Kraft, allerdings könnte man ihn vielleicht damit noch ein wenig besänftigen. Macht ja wenig Sinn, jetzt einen funktionierenden Kessel zu tauschen, wenn Du 2026 / 2028 auf Fernwärme umsteigst.

Final macht es aber grundsätzlich Sinn, sich mit einer neuen Lösung auseinander zu setzen. Und da für alle Umbauten dann ja GEG 2024 gilt, kommst Du ja um gewisse Zielvorgaben nicht mehr herum. Du könntest zwar aktuell noch einen neuen Öl / Gasbrenner verbauen, ab 2045 ist aber endgültig Schluss mit fossil. Die CO2 Abgabe treibt die Preise nach und nach nach oben, und je nach Flächenverbrauch mußt Du diese ja seit 2023 teilweise als Vermieter tragen.

Eine neue Heizanlage hat ja aus Vermietersicht noch ein paar andere Aspekte. Investitionen kannst Du teilweise auf die Miete aufschlagen. Alternativ kannst Du auch Wärme oder Solarstrom an Deine Mieter verkaufen. Da gibt es ganz viele Spielvarianten. Zusammen mit der Förderung kann das durchaus attraktiv sein.

Ich muss hier etwas kleinlaut zurückrudern. Tatsächlich ist der (bei meinen Eltern) verbaute Kessel auch bereits ein Niedertemperatur-Modell und auch die Steuerung gibt eine Absenkung der Kesseltemperatur auf bis zu 40°C her. Der Mischer mit Rücklaufanhebung dienen offensichtlich primär dazu, bei Bedarf auch im laufenden Heizbetrieb den Brauchwasserboiler aufzuheizen. Ob das aus heutiger Sicht noch sinnvoll ist, sei mal dahingestellt, aber so ist offensichtlich zumindest die Trimatic konfiguriert.

Bzgl. Abgastemperatur und Kamin stimme ich dir voll zu, wobei ich zunächst mal nicht davon ausgehe, dass das der primäre Grund ist, die Kesseltemperatur konstant hochzuhalten. Kommunale Wärmeplanung ist generell ein gutes Stichwort. In der Kleinstadt meiner Eltern habe ich da jedoch insgesamt wenig Hoffnung.

Insofern lässt die „neue Lösung“ absehbar auf sich warten bzw. es wäre dann erst mal an der Zeit systematisch zu klären, wie weit man mit der benötigten Vorlauftemperatur runterkommt. Bis dahin verheize ich der Einfachheit halber vermutlich die überschüssige Energie des künftigen „Balkonkraftwerks“ in einem vorgeschalteten Elektroboiler für das Warmwasser.

Moin, na guck, hat der Schornsteinfeger doch aufgepaßt… :wink:
Jetzt kannst Du erst mal ruhig schlafen, er wird Dir nicht den Stecker ziehen. Bleiben Dir jetzt ein paar Jahre, um über eine Lösung nachzudenken.
Dabei ist Fernwärme nicht unbedingt abwegig, denk mal an Blockheizkraftwerke, Abwasserwärmepumpen, Geothermie etc. Gerade kleine Gemeinden haben da schon großes Potential. Aber eben nicht überall gleich.

Also bei Konstanttemperatur-Kesseln mußt Du in Zeiten zurückdenken, als der Sprit an der Tanke noch 50 Pfennig gekostet hat. Heizkosten waren demnach nicht der Kostenfaktor. Viel Kamine stammen aber auch noch aus Holz - und Kohlezeiten, wo Du ja auch noch einen thermischen Zug erzeugen mußtest, und oftmals diente der Kamin auch noch als Wärmepuffer, irgendwann war das Feuer ja aus.

Die Ölheizung hat man weitgehend erstmal so konstruiert, dass sie mit den meisten Kaminen klar kamen. Man mußte eben keine Kohlen mehr schüppen oder Holz nachlegen. War halt erst einmal bequem.

Niedertemperaturheizungen kamen ja erst auf dem Markt, als die Heizkosten ein relevantes Verkaufsargument wurden. Also Energieeinsparung, primär Kosteneinsparung durch niedrigeren Verbrauch. Folglich war die Temperatur-Regelung ein Ansatz (weniger Wärmeverluste), aber auch die bessere Ausnutzung der Brennerflamme. Die brennt ja durchaus mit 1200 Grad und mehr und gibt die Wärme dann an die Kesselkonstruktion als Wärmetauscher ab. Das hat man eben ausgereizt bis zur Kondensationstemperatur, wofür die alten Kamine aber nie ausgelegt waren.
Und um die Kondensation im Kamin zu minimieren, war in der Regel eine Anpassung der Kamine notwendig.

Die dritte Stufe waren dann die Brennwertkessel, die ja bewußt die Kondensationswärme mitnutzen, dort war der Kamin dann (fast) wieder egal, zumindest das Kondensationsproblem (Schwefelsäure) wurde ins Kondensat verlagert.

Folglich war der primäre Grund für die hohen Abgastemperaturen erst einmal die billigen Öl-Preise, die eine relativ einfach Bauweise der Kessel erlaubte. Und Elektronik kam ja auch erst später, die man ja zur Regelung braucht.

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Kurze Ergänzung noch zum Gesagten. Tatsächlich liegt die konstant relativ hohe Kesseltemperatur wohl primär am Kamin. Die Kondensationstemperatur für den Wasserdampf im Rauchgas liegt bei der Verbrennung von Erdgas nämlich bei rund 59°C (Rauchgaskondensation – Wikipedia) Bevor also die Hütte bröckelt oder von innen vergammelt, lässt man die Temperatur besser hoch…