Effizienz LW-WP = 4% höherer Stromverbrauch je Grad Celsius höhere Vorlauftemperatur?

Hallo ihr schlauen Menschen,
ich brauche mal eure Hilfe und Erklärungen.
Im Youtube Video „Wärmepumpen Leitfaden (Prof. Werner Schenk)“ erklärt Prof. Schenk ab Minute 26 anhand der COP-Zahlen bei verschiedenen Vorlauftemperaturen, dass die Effizienz einer Wärmepumpe mit steigender Vorlauftemperatur stark abnimmt


[Quelle: Screenshot Youtube-Video "Planungsleitfaden (Wener Schenk)]

und mit der Folgefolie ab Minute 27 erläutert er, dass die Effizienz einer Luft-Wasser-Wärmepumpe (aber ich denke mal, dass das auf andere WP-Arten übertragbar ist) mit jedem Grad Celsius (oder besser K) unnötig hoher Vorlauftemperatur 4 % mehr elektrische Energie benötigt.


[Quelle: Screenshot Youtube-Video "Planungsleitfaden (Wener Schenk)]

Jetzt habe ich auf der WebSite www.energie-experten.org gelesen, dass die Effizienzverringerung je K höherer Vorlauftemperatur ca. 2-4 % mehr elektrische Energie erfordert .


[Quelle: Screenshot WebSite www.energie-experten.org]

Weiterhin habe ich in einem Forumsbeitrag gelesen, dass der Mehrverbrauch an elektrischer Energie nur 2% beträgt und die von Prof. Schenk genannten 4 % falsch sind.

Das hat mich nun doch ein wenig verunsichert und ich habe die COP-Zahlen von Prof. Schenk jetzt mal selbst in eine Exceltabelle eingegeben und nachrechnen lassen, Ich komme auf ca. 2% bzw. knapp 3 % bei einer Außentemperatur von 2 Grad Celsius.

Ich weiß nicht, ob es klappt aber hier mal der Media-Fire-Downloadlink für meine Excel-Datei.
Excel-Tabelle_WP-Effizienz

Wer kann mir das erklären und ja, der Carnot-Prozess ist mir bekannt, wie auch die Formel zur Berechnung der Wärmepumpen-Effizienz.

Wer kann mir erklären, was jetzt nun richtig ist?
Vielen Dank für Eure Hilfe !

Hagez

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Vielleicht kann ich einen Hinweis geben:
Es besteht ein (nahezu) quadratischer Zusammenhang zwischen der Temperaturdifferenz (Vorlauf - Aussentemperatur). Warum:
Carnotprozess liefert linearen Wirkungsgradverlust bei steigender Temperaturdifferenz.
Wärmeabfluß des Hauses steigt ebenfalls linear mit der Differenz (Innentemperatur - Außentemperatur).
Beides ist zu multiplizieren und liefert dann eben die Kurven wie in div. Internetquellen, u.a. Prof. Schenk dargestellt.

Ich konnte das in Praxis überprüfen. Betreibe seit Okt. 22 u.a. 2 Luft-Luft Wärmepumpen = Split-Klimaanlagen. Für den Dez. 22 habe ich nun die täglichen Energieverbräuche gemessen und (weil keine Temperaturmessung zur Hand) mit der Monatsaufzeichnung einer nahegelegenen Wetterstation korreliert.

Die dicke rote Linie folgt genau dem oben beschriebenen Berechnungsschema und ist eine Best-Fit Analyse der Punktewolke des Dezembers 2022.
Die dünne rote Linie ist nun eine errechnete Kurve für eine wie auch immer geartete Wärmepumpe, die einen um 10 Grad K größeren Temperaturhub bewältigen muss. Der Monats-COP ist um ca. 33% kleiner, was soviel bedeutet, das pro 1°K Temperaturdifferenz (erstmal egal ob außen oder innen oder beides) ca. 3,3% Wirkungsgrad verloren gehen. Meine Praxisauswertung liegt also etwas niedriger als Prof. Schenk, aber sehr viel ungünstiger als propagierte 2%/°K.
Das ist jetzt keine wissenschaftliche Ausarbeitung, nur etwas, damit ich mir selbst Klarheit verschaffen konnte, warum eine Klimaanlage (selbstredend nur für mein Haus) soviel besser arbeitet als eine Luft-/Wasser Wärmepumpe.
Ich habe übrigens für die Heizsaison 22/23 6.000 kWh Gas gespart und dafür 1.000 kWh mehr Strom verbraucht. Macht dann theoretisch ein SCOP von 6. Scheint mir zu hoch und ich habe dann den SCOP Dez= 5 in meine Auswertungen einfließen lassen. Und - sowas kann man mit „Bordmitteln“ nur einmal machen, nämlich dann, wenn man eine Umstellung vornimmt. Viele Neubauten, die diese Möglichkeiten nicht haben, sind auf Gedeih und Verderb auf vermeintliche Fachleuten, Fachaufsätze angewiesen.

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Moin Zusammen,
will mal mit Newton beginnen, der ja schon selbst gesagt hat, dass gewisse Regeln immer nur in einem geschlossenen System gelten.
Insofern muss man nun differenzieren, was wer unter welchen Voraussetzungen gesagt hat.
Möglicherweise haben sie alle recht.

Der Carnot-Prozess ist ja vorgegeben (finde gerade meinen Link zu dem Carnot Rechner nicht mehr wieder). Der ist ja erstmal die Grundlage aller WPs. Bezieht sich aber erst einmal nur auf den Verdichter. Aus dem Modell kann man grundsätzlich eine Aussage ableiten, welcher Temperaturunterschied welchen Änderung der Primärenergie bewirkt.

Was in der Praxis dabei rauskommt ist aber etwas fehlerbehaftet. Richtig ist natürlich, das man auf den Temperaturhub abstellen muss. Die Vorlauftemperatur wird ja durch die Aussentemperatur beeinflußt.
Geht die um ein Grad runter, geht die WP laut Heizkurve entsprechend rauf. Der Temperaturhub ist somit größer als 1 Grad. Wieviel hängt an der Steigung der Heizkurve.
Dazu kommt der höhere Wärmeverlust der Gebäudehülle. der ja ebenfalls von der Temperaturdifferenz (Innen - Aussen) abhängt.

Insofern können die 2% laut Carnot in der Praxis durchaus 3%-4% bedeuten.
(Hab jetzt nicht nachgeguckt).

Dazu rechnen muss man dann alle möglichen Messfehler.

  • Zähler haben Messtoleranzen.
  • Die WP braucht auch Strom, wenn der Verdichter nicht läuft.
  • Temperaturen sind selten konstant
  • Zeitpunkte der Messung
  • Effizienz des verbauten Verdichters.

Und last but not least haben die Entwickler den WPs auch eine Logik an die Hand gegeben, den COP weiter zu optimieren. Die WP macht ja nicht einfach 0 oder 100%, sondern steigert die Leistung in jedem Zyklus. Der COP innerhalb eines einzigen Zyklus sieht dabei aus wie eine Treppe.

Alles zusammen genommen läßt schon erahnen, dass es zwischen Theorie (reiner Carnot Prozess) und der real gemessenen Werte in der Praxis Abweichungen gibt.

Also viele Fehlerquellen, die eine genaue Messung sehr schwierig machen. Die Messfehler können sich dabei gegenseitig aufheben oder eben addieren. Im Winter habe ich Messtoleranzen unter 10%, im Sommer bis zu 30%.

Dazu vielleicht noch ein Tipp, zumindest meine WP hat einen Simulations-Modus. Ich kann meiner WP tatsächlich mitteilen, tue so als hätten wir für 1h die Aussentemperatur X. Geht aber nur im Service Modus. Zumindest damit könnte man über eine Stunde den Betriebspunkt der WP konstant halten.

Hallo Chris57, hallo Bembi,
vielen Dank für Eure Antworten und eigenen Erfahrungen in der Praxis. Ich habe für mich jetzt wieder ein paar Sachen mitgenommen, die mir helfen , die Sache nachzuvollziehen.
Also der Gedanke, dass bei einer Verringerung der Außentemperatur die Wärmepumpe nach der Heizkurve natürlich zusätzlich auch noch die Vorlauftemperatur hochfährt, damit die gewählte Raumtemperatur erhalten bleibt, über diesen Zusammenhang hatte ich nicht nachgedacht. Das hilft mir aber jetzt weiter weiter bei meinen Überlegungen und damit begründen sich jetzt für mich auchg die von Prof. Schenk benannten 4% mehr Stromverbrauch.
Ich danke Euch herzlichst.
VG
Hagez